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Sozialstaat
und Marktwirtschaft Während in
Deutschland streng darauf geachtet wird, dass sich der Handwerker
sozialverträglich verhält, stehlen sich die Konzerne aus
ihrer sozialen
Verantwortung und umgehen – mit freundlicher Unterstützung
der Politiker - die
Zahlung ihrer „Sozialabgaben“. Ich zitiere im Folgenden aus
den Büchern:
„Asoziale Marktwirtschaft“ von Hans Weiss/Ernst
Schmiederer und „Die Strippenzieher“ von Cerstin
Gammelin/Götz Hamann: Was wir herausgefunden haben, lässt
sich auf den einfachen Satz bringen: Die Konzerne plündern den Staat
aus, auf jede nur
erdenkliche Art und Weise - immer gedeckt durch die
Gesetze. Das ist das
wirklich Erschreckende: Alles, was die Konzerne tun, ist
juristisch erlaubt, kein Trick ist wirklich illegal. Schuld daran ist
eine
Politik, die sich den Konzernen andient und ihnen all dies ermöglicht;
häufig
durchaus gewollt, manchmal als Ergebnis »handwerklicher Fehler«, oft
aber auch
deshalb, weil die Konzerne über die raffinierteren Berater und auch
mehr Macht
verfügen als die Politik. Das
Ergebnis dieser Entwicklung lässt
sich in volkswirtschaftlichen Zahlen eindrucksvoll beschreiben: Von
1960 bis
2000 sank in (West-) Deutschland der Anteil der Steuern auf Gewinn- und
Vermögenseinkommen von 20 Prozent auf 6,7 Prozent. Im selben Zeitraum
stieg der
Anteil der Steuern auf Löhne und Gehälter von 6,3 auf 19,4 Prozent. Andere Zahlen, dieselbe Tendenz: 1983,
- zu Beginn der Ära Kohl, machten Körperschafts- und Einkommenssteuer
noch 14
Prozent der Gesamtsteuereinnahmen aus, im Jahr 2002 aber nur noch 2,3
Prozent. Der Staat holt sich das
Geld also bei denen, die sich am wenigsten wehren können. Unübersehbar wurde damit auch der
Ausgleich zwischen Wirtschaft und
Gesellschaft neu definiert - weg von der sozialen, hin zur asozialen
Marktwirtschaft. Wenn die Politik aber, was gelegentlich
vorkommt, dagegen ankämpfen und die Steuerschraube für die Konzerne
anziehen
will, drohen diese mit Abwanderung in Länder, die bessere Bedingungen
bieten. Eine geheime Studie der strategischen Planungsabteilung des Siemens-Konzerns in München kam vor kurzem zu folgendem Ergebnis: Deutschland entwickelt sich in den kommenden Jahren zu einer Gesellschaft, in der es keinen breiten Mittelstand mehr gibt, sondern eine scharfe Unterteilung in Oben und Unten. Ein Drittel wird relativ reich sein und zur Oberschicht gehören, zwei Drittel werden zur Unterschicht gehören, ständig in Sorge, weil der Verlust des Jobs und damit halbwegs normaler Lebensverhältnisse droht.“ (Wien, 18. Juli
2004 Ernst
Schmiederer/Hans Weiss) Die Aufgabe
der Politik ist eindeutig. Sie soll die Interessen des Volkes vertreten
und
seinen Nutzen mehren, sie soll Schaden von ihm wenden und Gerechtigkeit
gegen
jedermann üben. Das Gegenteil
ist der Fall. Der Staat ist total verschuldet, über 10% der
arbeitsfähigen
Menschen haben keine Arbeit und sie haben auch keine Aussicht auf eine
Arbeitsstelle. Die staatliche Entschädigung für die unfreiwillige
Hoffnungslosigkeit: 300-350 Euro pro Monat. Das ist kein Zufall und
kein
Schicksalsschlag sondern gezielte, berechnete, geplante und
systematisch
durchgesetzte Politik zum Nachteil des Volkes. Nutznießer
dieser Gesetzgebung sind: a) Konzerne
und ihre Manager b) Aktionäre c) Lobbyisten
und d) Politiker. …Zusammengerechnet über
die letzten drei Jahre — von September 2001 bis September 2003 — hat
Siemens in
Deutschland keine Ertragssteuern bezahlt. Im Gegenteil: Siemens hat in
diesem
Zeitraum vom deutschen Staat sogar 119 Millionen Euro erhalten. Respekt!
Nicht zu Unrecht gilt Konzernchef Heinrich von
Pierer als einer der besten und angesehensten Manager in Deutschland… …Hatte der Bayer-Konzern im Jahr 2000
weltweit noch rund 1,2 Milliarden Euro Steuern bezahlt, waren es 2001
nur noch
154 Millionen. Im Jahr 2002 konnte sich der Konzern über
Steuererstattungen in der Höhe
von 107 Millionen Euro freuen. Obwohl Bayer im Jahr 2002 956 Millionen Euro Gewinn machte. Das sind eben die offenen Geheimnisse
des deutschen Steuerrechts. Als der deutsche Konzern Bayer im Jahr
2001 wegen 100 Todesfällen bei
Patienten, die den Cholesterinsenker
Lipobay eingenommen hatten, ins
Schlingern geriet und sich hohe Schadenersatzforderungen
und damit Verluste abzeichneten, wussten sich die Firmenmanager zu
helfen. Für den finanziellen
Schaden würde die Allgemeinheit, nämlich der deutsche Steuerzahler
aufkommen. Bayer
tischte den
Steuerbehörden den erwarteten Verlust als Gegenrechnung für
Steuerforderungen
auf und — schwupps! — verringerte sich die Steuerforderung. An den
deutschen
Standorten des Konzerns wurden die Stadtkämmerer per Fax aufgefordert,
bereits
bezahlte Gewerbesteuern wieder zurückzuüberweisen. Das finanzielle Risiko für
Geschäfte trägt in solchen Fällen eben nicht die Firma, sondern die
Allgemeinheit… …Zehn Jahre lang, von 1993
bis 2003, bezahlte Daimler-Chrysler keine Gewerbesteuern an den
Produktionsorten Stuttgart oder Sindelfingen. Möglich war das, indem
Verluste
aus der Beteiligung am nicht mehr existierenden Unternehmen AEG gegen
Gewinne
verrechnet wurden und am Ende eben null Gewerbesteuer herauskam. Im Oktober 2003 kündigte der Konzern an,
dass er erstmals wieder zahlen
wolle. Aus Kontrollmitteilungen von
DaimlerChrysler an die Börsenaufsicht SEC in Washington vom 19.
Februar 2004
und 20. Februar 2003 geht hervor, dass der Konzern Ende des Jahres
2001 4,7
Milliarden Euro Verlustabschreibungen zur Verfügung hatte, 2002 rund
5,2 Milliarden und Ende des Jahres
2003 noch rund 3 Milliarden. Damit lassen sich in Deutschland noch
eine Zeit lang gut Steuern sparen. In manchen Jahren hat
DaimlerChrysler nicht nur Steuern
gespart, sondern Steuern eingenommen. Beispielsweise im Jahr 2001. Da
erhielt
DaimlerChrysler vom deutschen Staat 777 Millionen
Euro Steuern erstattet…
…Der englische
Mobilfunkkonzern zeigt, wie man bestehende Steuergesetze in Deutschland
optimal
nützt und wie man aus einem spektakulären Verlustgeschäft einen schönen
Gewinn
erzielen kann. Der Dumme dabei ist der deutsche Normalbürger. Kein Wunder, dass nach
Bekanntwerden der Fakten in allen Medien wütende Kommentare
veröffentlicht
wurden. Skandal, Ärgernis, Beutezug, Perversion — Politiker aller
Farben
empörten sich. In
der Internet-Ausgabe der »FAZ« wurde
ein Sprecher des Finanzministeriums mit den Worten zitiert, »es könne
nicht
sein, dass ein Unternehmen seine Steuerschuld klein rechnet und am Ende
der deutsche
Steuerzahler dies bezahlen soll«. Die
Herrschaften sollten sich selbst an
die Nase fassen, denn wer, wenn nicht das
Finanzministerium, hat die Gesetze entworfen, die das ermöglichen?
Vodafone tut nichts Illegales. Man kann von einem Konzern vieles
verlangen,
aber ausgerechnet moralisches Verhalten? Damit haben sich Konzerne
noch nie
einen Namen gemacht… …Wenn eine
Privatperson mit Aktien
spekuliert und dabei einen Verlust erleidet, hilft ihr keiner. Bei
Konzernen ist
das anders. Wenn Vodafone alles richtig gemacht hat, sorgen die deutschen Steuergesetze
dafür, dass der gesamte Wertverlust vom deutschen Steuerzahler
ausgeglichen
wird. Und die von Esser & Co. kassierten Millionenprämien für die
»außergewöhnliche
Leistung« werden auf diese Art und Weise letztlich ebenfalls vom
Steuerzahler
finanziert. Leistung lohnt sich eben…
…E.ON bekam im Jahr 2001 vom deutschen
Staat insgesamt 761 Millionen Euro erstattet (bei einem
ausgewiesenen
Gewinn von 3,9 Milliarden Euro), im Jahr davor sogar 2,5
Milliarden (bei einem
ausgewiesenen Gewinn von
6,6 Milliarden Euro)!.. Sie dürfen selbst bei
steuerfreien Erträgen noch Aufwendungen steuermindernd absetzen. Sie dürfen Verlustvorträge
unbegrenzt zum Verkleinern der Gewinne nutzen. Sie dürfen das
erwirtschaftete Ergebnis in dauerhaft unversteuerte, so genannte
stille
Reserven umschichten. Und sie dürfen — getarnt
als Schuldzinsen und Lizenzgebühren — einen guten Teil der
steuerlichen
Bemessungsgrundlage in Steueroasen verschieben. Deutsche Bank …Im Jahr 2000 bekam die
Deutsche Bank vom deutschen Staat nicht 6,644 Milliarden Euro an
Ertragssteuern
erstattet, sondern eine viel höhere Summe, nämlich vermutlich mehr als
8
Milliarden. Im Jahr 2001 kassierte die
Deutsche Bank vom Staat zwar nichts, aber sie zahlte auch nichts,
keinen
einzigen Cent an Ertragssteuern. Die 1,429
Milliarden Euro, die als
Steuerzahlung in der weltweiten Bilanz aufscheinen, bezahlte die
Deutsche Bank
zur Gänze im Ausland — sogar in Ländern, die als Steueroasen gelten.
Die Deutsche
Bank Luxemburg beispielsweise 27 Millionen Euro, die Deutsche Bank
Irland 3
Millionen Euro, die Deutsche Bank Schweiz 14 Millionen Euro, die
Deutsche Bank
Trust Company Delaware in den USA rund 11 Millionen Euro (laut
Datenbank
»Bankscope«). Steueroasen
sind nicht nur auf kleinen Inseln in weiter Ferne, sondern man findet
sie
selbst in Deutschland, z.B. in Norderfriedrichskoog: „…Der Koog. Ein Dorf. Zwei Straßen.
Und, nach jüngster offizieller Zählung, 45 Einwohner (»davon 26
männlich«)… …Um die 500 Firmen waren
in den besten Zeiten im Handelsregister mit einem Sitz in der
Wattgemeinde
verzeichnet. Und fast alle stehen im Eigentum
namhafter Multis: Der amerikanische Pharmakonzern
Lilly ist hier ebenso vertreten
wie ein wichtiger deutscher Ableger der Nahrungsmittelgruppe Unilever. Töchter
des Energiekonzerns E.ON haben sich
hier angesiedelt. Und solche, die zur Lufthansa
oder zur Neckarsulmer
Schwarz-Gruppe
(LidI, Kaufland) von
Drogeriekönig Anton
Schlecker und der Düsseldorfer
WestLB gehören. Lange lässt sich diese Liste
fortsetzen, mit Beate Uhse etwa, dem
saubersten Markennamen im deutschen Porno- und Schmuddelgewerbe. Und
jeder
weitere Name beweist aufs Neue, dass die Lenker der Konzerne eine ganz
ausgeprägte
Schwäche für »peanuts« haben. Jedes weitere Firmenkürzel zeigt, dass
die
Finanzmanager der Multis hier schalten und walten können, wie sie es
für
richtig halten. Und dass der Fiskus dabei — stellvertretend für all
jene
Deutschen, denen so viel Gestaltungsspielraum nicht gegeben ist — durch
die
Finger schaut. Mit anderen Worten: Was sich Deutschlands Konzerne im
Koog dank der
Großzügigkeit der Politik leisten können, mag legal sein. Korrekt im
Sinne
eines größeren Ganzen, fair im Sinne eines gesellschaftlichen
Gemeinwohls,
anständig jenen gegenüber, die auf ihre Einkünfte aus Lohnarbeit
selbstverständlich
Lohnsteuern zahlen — das ist das Norderfriedrichskooger
Steuersparmodell
sicher nicht…“ In dem Buch
„Asoziale Marktwirtschaft“ von Hans Weiss/Ernst Schmiederer berichtet
ein
Konzernbetriebsprüfer aus dem Ruhrgebiet: „Grundsätzlich,
sagt er, sehe auch er »die Sache sportlich«. Jeder habe seine Aufgabe.
Der
Steueranwalt habe die Aufgabe zu gestalten. Die Prüfer müssten
feststellen, ob
diese Gestaltung mit Recht und Gesetz übereinstimmt. »Wenn der Anwalt
eine
zulässige Gestaltung findet, dann habe ich da kein Problem. Meine
Aufgabe
ist es nicht, den Gesetzgeber zu überprüfen. Sondern den Konzern. Wenn
etwas gut gemacht ist, kann ich nur sagen, das ist handwerklich gut
gemacht,
legal ist es auch und obendrein vom Gesetzgeber so gewollt. Da muss ich
zähneknirschend meinen Sanktus geben. Hintendrein kann ich mir
ausrechnen, dass
diese Tricks dem Unternehmen 50 Millionen Euro Steuern erspart haben.
Schön
finde ich das nicht.« Schnell nähern wir uns dem Punkt, an
dem Herrn Prugger die sportliche Nachsicht abhanden kommt. »Wir
kämpfen in den letzten Jahren mit
den Fehlern des Gesetzgebers. Der Einbruch bei der Körperschaftssteuer
— handwerkliche
Fehler. Die Verschmelzung von Gewinngesellschaften mit
Verlustgesellschaften —
ein Fehler des Gesetzgebers. Die Veräußerungsgewinne: Ein Bäcker, der
Brötchen
für 20 Pfennig herstellt und für 30 verkauft, hat 10 Pfennig Gewinn,
die er
versteuern muss. Wenn ich ein Unternehmen habe, das nicht mit Brötchen,
sondern
mit Unternehmensteilen handelt, dann ist der Verkaufserlös steuerfrei.
Wieder
ein Fehler, der Milliarden kostet.« Prugger
ist desillusioniert. Das hat,
so sagt er, weniger mit den spektakulären Fällen zu tun. Es sei ein
Resultat
der Alltagsarbeit. Jeden Tag habe er es »mit den Herstellern von
Kopiergeräten
oder Kaffeemaschinen« zu tun, die alle eins wollen — »in Deutschland
Gewinne
machen, aber keine Steuern zahlen«. Herr
Prugger ärgert sich über VW: »Die machen bei Skoda in
Tschechien phantastische Autos und Gewinne. Warum
wir das mit Steuergeschenken noch subventionieren müssen, ist mir
unverständlich.« Er schimpft über BMW: »Die ziehen die Verluste
ihrer
amerikanischen Betriebsstätte vom deutschen Gewinn ab — also man hat
manchmal
den Verdacht, dass dieses Ergebnis vom Staat gewollt ist.« Warum
sollte es gewollt sein? »Das ist das Ergebnis der Lobbyarbeit.
Man muss ja heutzutage nur die Zeitungen aufmerksam lesen, da steht es
schwarz
auf weiß: Die
Industrie hat Juristen beim Bundesministerium
für Finanzen (BMF), die diese Gesetze ausgestalten. Man begründet das
damit,
dass diese Leute ein ganz spezielles Know-how hätten. Ja, sicher haben
sie das.
Aber man kann sich doch ausmalen, wie die Gesetze dann aussehen werden.
Hier
noch guten Willen zu unterstellen — das fällt mir schwer.«… |