die volksvertreter 

werner may   im paradies   17309 fahrenwalde   e-mail: werner(at)paradies-auf-erden.de

Wie der Name schon sagt sollen die Volksvertreter das gesamte Volk und nicht nur einen Teil davon vertreten. Dies war auch eindeutig das Ziel des Parlamentarischen Rates, als er das Grundgesetz formulierte. Im Schriftlichen Bericht des Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Lehr heißt es:

„Vertreter des ganzen Volkes:
Übernommen wurde vom Organisationsausschuss zunächst die als "klassisch" bezeichnete Formulierung, wonach die Abgeordneten Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind (Art. 38 1 Satz 2 GG).

Dabei wurde bewusst der Vorschlag abgelehnt, in Anlehnung an die Bayer. Verfassung die Abgeordneten nur als Vertreter des Volkes, nicht des ganzen Volkes zu bezeichnen, weil jeder Abgeordnete nur von einem bestimmten Teil des Volkes sein Mandat habe. Der Ausschuss vertrat demgegenüber in seiner Mehrheit den Standpunkt, dass die Bestimmung gerade verhindern solle, dass sich der Abgeordnete nur als Vertreter einer Interessengruppe betrachtet. Vielmehr müsse sich jeder dem ganzen Volk verantwortlich fühlen.

Gewissensfreiheit und Unabhängigkeit:
Mit großer Lebhaftigkeit wurde im Organisationsausschuss vor allem aber der Satz von der Gewissensfreiheit und Unabhängigkeit des Abgeordneten diskutiert. Auf der einen Seite wurde geltend gemacht, der Satz sei nur historisch zu erklären und enthalte lediglich eine Deklamation, wenn nicht sogar eine leere Deklamation. Er widerspreche nicht nur den tatsächlichen Verhältnissen, sondern trage auch dem Gesichtspunkt nicht Rechnung, dass die Parteien nun einmal die Träger des politischen Lebens seien. Insofern schütze er nur unberechtigt Außenseiter und Einzelgänger. Die Mehrheit vertrat demgegenüber den Standpunkt, dass der Satz keineswegs überholt, schlechthin notwendig und geeignet sei, den Abgeordneten vor dem Parteizwang zu schützen.

Üben die Parteien Druck auf die Abgeordneten aus, versuchen sie sein Gewissen zu beeinflussen? Die Antwort ist eindeutig JA.

Im Internet habe ich eine Mustersatzung aus Mecklenburg-Vorpommern und die Geschäftsordnung einer SPD-Fraktion gefunden. Ich gehe davon aus, dass andere Parteien ähnliche Satzungen und eine vergleichbare Struktur haben.

„Unter Fraktionen versteht man freiwillige Zusammenschlüsse grundsätzlich gleichgesinnter Mandatsträger in der Regel derselben Partei/Wählergruppe zur abgestimmten Mitwirkung an der Arbeit in der Vertretung sowie zur gemeinsamen Erarbeitung und Durchsetzung politischer Zielsetzungen in einer Volksvertretung für eine Wahlperiode.“  (Kommunale Fraktionen - Kommunalpolitische Texte der SGK M-V 2005)

Im Kapitel „Fraktionsdisziplin“ heißt es u.a.:

„Jedes Fraktionsmitglied sollte sich jedoch einer gewissen Fraktionsdisziplin unterwerfen.

Dies bedeutet nämlich die Anerkennung des besseren öffentlichen Erscheinungsbildes der Fraktion bei Geschlossenheit. Dies ist ein Appell an Einsicht und Disziplin. Bei Gewissensfragen kann es solch einen Appell natürlich nicht geben, aber begründete Gewissensfragen ergeben sich in der kommunalpolitischen Praxis äußerst selten.

Bei Personalangelegenheiten ist die Fraktionsdisziplin allerdings zwingend notwendig. Wenn hier geschlossenes Handeln fehlt, kann dies bis zur Handlungsunfähigkeit der Fraktion führen…“

Sollten sich Gewissenfragen ergeben, so sind sie meist unbegründet. Offensichtlich entscheidet der Parteivorstand was begründet und unbegründet ist. Bei Personalangelegenheiten ist es jedoch zwingend notwendig sich der Fraktionsdisziplin zu unterwerfen und das Gewissen hintan zu stellen. Das ist ein eindeutiger Verstoß gegen die Gewissensfreiheit.

In der Muster-Geschäftsordnung für eine Fraktion heißt es unter „§ 2 Die Pflichten der Fraktionsmitglieder“: „(2)  Können sich die Fraktionsmitglieder einem Beschluss der Fraktionsversammlung nicht anschließen, müssen sie ihre abweichende Meinung rechtzeitig dem Fraktionsvorsitzenden mitteilen.

Dieser Mitteilungszwang hat natürlich Folgen. Das Gewissen des Abgeordneten wird solange unter Druck gesetzt, bis die Parteiräson siegt. Gelingt das nicht, wird das Gewissen einer anderen Person bemüht um die Parteimeinung durchzusetzen, wie man z.B. der „GESCHÄFTSORDNUNG für die SPD-Fraktion der Stadt Mönchengladbach“ entnehmen kann. Dort heißt es unter „§ 2 Die Pflichten der Fraktionsmitglieder“: „Können sich die Fraktionsmitglieder einem Beschluss der Fraktion nicht anschließen, müssen sie ihre abweichende Meinung rechtzeitig und schriftlich dem/der Fraktionsvorsitzenden mitteilen. Die Fraktion entscheidet über eine mögliche Vertretung.“

Nicht das Gewissen des Einzelnen entscheidet sondern die politische Ausrichtung der Partei. Wer sich der Parteimeinung nicht unterordnet wird „vertreten“.

Meldet sich das Gewissen häufiger abweichend von der Parteipolitik, droht die Neubesetzung:

„Bei mangelhafter Mitarbeit, durch Fernbleiben von Sitzungen oder durch sonstiges zu Beanstandungen Anlass gebendes Verhalten, kann durch die Fraktion eine Missbilligung ausgesprochen werden. Diese muss dem jeweiligen Fraktionsmitglied schriftlich mitgeteilt werden. Gegebenenfalls erfolgt der Vorschlag einer Neubesetzung durch die Fraktion.“

„..Mit dem Austritt oder Ausschluss aus der SPD erlischt gleichzeitig die Mitgliedschaft in der SPD-Ratsfraktion und SPD-Gesamtfraktion. Es erfolgt die schnellstmögliche Abberufung aus allen Mandaten und Funktionen, die das ehemalige Fraktionsmitglied durch die SPD erhalten hat.(GESCHÄFTSORDNUNG für die SPD-Fraktion der Stadt Mönchengladbach)

Hier wird deutlich, dass die Mandate nicht durch die Wählerinnen und Wähler vergeben werden sondern durch die Partei. Wer aus der Partei austritt muss sein Mandat abgeben obwohl er durch das „Volk“ gewählt wurde. Das ist Partei-Machtpolitik und eine Missachtung des Wählerauftrages.

Die parteipolitische Vergewaltigung des Gewissens ist nicht nur an der Basis zu finden, sondern auch in der Bundespolitik, wie der Parteitags- und Fraktionsbeschluss zwischen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 20.10.1998 unter XII2 belegt:

„Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.“

Die Abgeordneten sind keine Vertreter des ganzen Volkes. Sie sind Vertreter von Parteien, die meist durch das Großkapital gekauft und mit Spenden gepflegt werden. Sie müssen die Aufträge und Weisungen der Parteiführung erfüllen sonst laufen sie Gefahr durch die Fraktion entfernt zu werden. So werden die angeblichen Volksvertreter an die Parteibeschlüsse gebunden. Abgeordnete die nur (ausschließlich) ihrem Gewissen unterworfen sind können logischer Weise nicht gleichzeitig einer Partei angehören, da eine Partei Parteitagsbeschlüsse, Fraktionsgeschäftsordnungen und den Drang zur Macht hat. In jeder Partei gibt es verschiedene Menschen mit verschiedenen Gewissen die nicht auf eine Person gebündelt werden können.

Die politische Praxis steht demnach im Widerspruch zum Inhalt des Grundgesetzes:

 „Art. 38. (1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages … sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“

Der Artikel 38(1) wurde von Anfang an von den etablierten Parteien mit Füssen getreten. Nicht das Volk regiert in diesem Lande sondern die beiden stärksten Parteien, die immer irgendwelche Mehrheiten schaffen. Der Wille des Volkes interessiert dabei nicht. Durch die Listenwahl werden bekannte Parteimitglieder auf die vorderen Plätze gesetzt. Die Wähler haben faktisch keine Wahl da sie niemanden von den „Sicheres Listenplätzen“ abwählen können.

Aus diesem Grunde hatte ich bereits eine Strafanzeige erstattet, die im Internet veröffentlicht ist:

 Auch hier wurden keine Ermittlungen aufgenommen.

- Ich beantrage festzustellen, ob die Abgeordneten eine „Entschädigung“ erhalten dürfen, obwohl sie keinen Schaden haben, da sie bis zu 33 Nebentätigkeiten nachgehen oder ein vielfaches der Abgeordnetenentschädigung „nebenbei“ verdienen –

- Ich beantrage festzustellen, ob die Listenwahl gegen das Grundgesetz verstößt oder nicht –

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